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Kulturelle Annäherung

25 Sep

Am Mittwoch waren wir also nach dem Essen erst mal in der Uni um den Schaden zu begutachten. Scheinbar haben sie das Restwasser raus bekommen doch in den Elektroanlagen, welche im Boden sind, war noch jede Menge Wasser und so hab ich erst mal alle Klappen und Deckel aufgemacht, quasi den Stöpsel gezogen (nur anders rum). Es hat sich im Nachhinein als sehr praktisch erwiesen, dass die Drehstromumsetzer in einer gewissen Höhe in den Räumen angebracht sind. Die Probleme mit dem Wasser aus der Decke scheinen jetzt auch dauerhaft gelöst zu sein:

Am Donnerstag war ich dann in den Han-River-Parks, welche mein Reiseführer über alles gelobt hatte. Diese scheinen zwar für die Seouliten sehr wichtig zu sein, stellen sie doch quasi das einzige größere Grün in der Umgebung da. Für mich versprühten sie allerdings den Charme vom Volkspark Prenzlauer Berg oder besser von den Grünflächen zwischen den Platten in Marzahn, mit dem Unterschied, dass die Wuhle hier größer ist. Da zugängliches Grün hier wie gesagt rar ist, nutzt man hier auch jede Wiese in diesem Park zum Zelten. Denn ohne ein Sonnenzelt oder ähnliches hält man es hier nicht lange aus, denn Schatten durch Bäume sind quasi noch rarer. Letztendlich geht der Park dann am Westende des Abschnittes, den ich besucht habe, sanft in eine Betonfläche gleicher Größe über aber nicht ohne einen kleinen Abschnitt Schlamm. In meiner Karte ist das natürlich alles Grün (wahrscheinlich auch in Google Earth). Der Fluss scheint übrigens trotz seiner Größe und praktischen Lage dank diverser Wassersperren nur wildwasserschiffbar zu sein.

Gelohnt hat sich der weite Weg aber dennoch. Denn direkt am Fluss hinter dem Park und hinter dem Highway und hinter der hohen Böschung befinden sich ganz gewöhnliche seoulsche Wohnviertel. Und dort scheinen auch deutlich normalere Menschen unterwegs zu sein, als in meinem Viertel, welches voll von Fashionvictimstudenten der World-Class-Unis ist.

Das ist noch so ein sehr interessanter Aspekt, welchen in beobachten konnte. Da scheint es einen gewissen Anspruch in dieser Wirtschaftswundernation zu geben. Wie viele von euch schon wissen, bin ich an der Yonsei-Universität in Seoul (Motto: “the First & the Best”). Doch dort bin ich nicht einfach am Institut für Mathematik. Neeeein, dafür hätte ich den weiten Flug nicht gemacht. Wir sind im ASTC (Advanced Science & Technology Center). Dort sind wir in der WCU-CSE. Damit ist nicht eine Abteilung der West Chester University  gemeint sondern die “World Class University – Computational Science and Technology”. Dazu passend gibt es auch das “World Class Design” BMW-Klon-Mobil (in der Fernsehwerbung warpen die doch echt einen 7ner BMW in so ne Plasteschüssel, auch wenn ich BMW nicht mag) mit “World-Class-Interior”.

Naja am Freitag war ich dann mal wieder im CSE um Dinge für Kollegen, welche mir bald in meiner Dose (bzw. natürlich in Ihren eigenen) Gesellschaft leisten werden, vorzubereiten. In der Tat scheint sich das jetzt alles deutlich besser eingespielt zu haben. Außerdem scheinen zumindest Netzwerk, Strom und WLAN noch zu gehen. Mehr interessiert mich nicht und brauch mich auch nicht weiter zu kümmern. Die Räume sind auch wieder trocken und da es bei uns keinen weiteren Schaden gab, kann ich dann also bald wieder in größeren Räumen arbeiten. Davor war ich noch in der Global Lounge, welche unter anderem Ausländern lokale Partner zuweisen können soll, damit diese die Kultur und das Land besser kennen lernen. Mir ist nur nicht ganz klar, wie ein Flyer-Ständer mit Austauschprogrammen in die USA das leisten soll.

Heute habe ich mir schließlich Weltkulturerbe angesehen. Zunächst war ich im Biwon (auch Secret Garden genannt). Das ist der Palastgarten vom Changdeokgung. Man kann zwar erahnen was hier früher mal war allerdings hat das Ding im derzeitigen Zustand höchsten die Anmutung vom VoPaFHain (kein Weltkulturerbe). Vor allem soll der Park die Schönheit und Perfektion der Natur darstellen. Wie riesige blaue Plastikfolien und alte Schuhe da helfen, ist mir noch nicht in allen Details klar. Ich habe versucht diese und diverse Gerüste, sowie kahle Stellen (wohl unter anderem durch den Regen verursacht) nicht mit auf die Fotos zu bringen.

Danach bin ich dann in den Changdeokgung selbst gegangen. Dazu gibt es im Prinzip nicht viel zu erzählen, außer dass hier bis 1988 irgendein Überbleibsel gewohnt hat. Das Problem ist nämlich, dass die Häuser fast alle leer sind und sie scheinbar selber nicht so genau wissen, was wie wo warum gemacht wurde. Das liegt wohl daran, dass die Paläste immer mal wieder abgebrannt und wieder aufgebaut wurden. Manchmal wurden die Häuser auch von einem Palast in den anderen versetzt und ähnliches. Die Führung war auf jeden Fall nur bedingt Aussagekräftig.

Zu guter Letzt war ich noch im Jongmyo-Royal-Shrine. Das war endlich mal richtig interessant und auch nett anzuschauen. Außerdem wissen sie hier auch, welchen Zweck die Gebäude haben und was dort gemacht wurde oder besser wird. Die Konfuzis glauben nämlich, dass man Tote recyceln kann. Doch dazu muss man, wie wir alle wissen, trennen. Also kommt der nasse Sack in ein Loch und alles Flüchtige in einen Schrein. Dummerweise sind aber die Lagerkosten recht hoch. Mindestens fünf mal im Jahr muss nämlich so ein Ahne gefüttert werden. Dazu gibt man ihm (Reis-)Wein, Essen (vor allem Innereien, vielleicht für die Schwiegermutter?!?), Klamotten und Gebete. Anschließend jagt man ihn wieder fort indem man das Geprassel zum Teil wieder verbrennt. Da das ganze Gedöns recht teuer ist, wird dieser Zirkus in der kapitalistischen Realität Südkoreas nur einmal im Jahr gegeben (natürlich nicht, wenn ich da bin) – Quasi eine Diät. In Nordkorea, da bin ich mir sicher, gibt’s das jede Woche. Wahrscheinlich wegen der bunten Kostüme hat die UNESCO das ganze auch zum Weltkulturerbe ernannt.

Wo wir gerade beim Essen sind. Ich bin ja hier in meiner Hütte von Restaurants geradezu belagert. Dummerweise kann ich mir a) keine drei Mahlzeiten täglich im Restaurant leisten und b) kann ich kein Koreanisch. Das heißt ich weiß nicht, was ich bestelle, bis es auf dem Tisch steht und ich mir die Zunge dran verbrannt habe, denn ich mag kein scharfes Essen. Ja lacht nur! Ich wusste das vorher, das mit Asien und dem Essen. Anyways scheint das aber auch ein gewisses Problem aller anderen Studenten hier zu sein und so gibt es quasi Geheimtipps, wo eines der millionen Restaurants zu billigsten Preisen genau das serviert, was man essen will. Es hängen zum Teil sogar Karten in den Zimmern. Andererseits ist das Land hier auch sehr amerikanisch, sprich konsumorientiert, ausgerichtet. Das heißt, dass man zumindest hier in der Innenstadt nicht unbedingt sein tägliches Essen im Supermarkt kauft (die preiswerten sind nur mit Auto erreichbar!) sondern in den unzähligen GS25 Spätis, welche hier an jeder Ecke sind. Dort gibt es neben Trinken und Chips auch Sandwiches in Plaste, Sushi in Plaste, Salate in Plaste und Keckse in Packungen, welche in Deutschland als Sittenwidrig gelten würden (Keckspackung so groß wie ein mittleres Buch, darin 7 Keckse je in eine extra Tüte gepackt, die Packung war nach dem Essen immernoch genauso voll wie vorher). Na aber mit dem richtigen Guide werde ich schon nicht verhungern :|.

 
2 Kommentare

Eingestellt um 22:11 KST

 
  1. Andreas

    Donnerstag, 30. September 2010 at 00:39

    Der Hase gefällt mir.
    Den Markt musst du noch einmal nach den Ferien besuchen.

     
    • Jo

      Donnerstag, 30. September 2010 at 14:20

      Das hatte wohl eher was mit der Uhrzeit zu tun. Das ist schon am Abend und so richtig klar ist mir nicht, wann die da wie offen haben. Außerdem ist das kein Markt sondern eine mehr oder weniger gewöhnliche Seitengasse. Offensichtlich mit Geschäften, welche eher auf Mopeds und Plexiglasaufsteller spezialisiert sind.