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Ossis kiecken

24 Okt

Nun hatte mich doch tatsächlich eine von diesen in allen Decken hinterhältigst lauernden Klimaanlagen erwischt. Gegen die Stunde Dauerbekühlung meines Nackens konnte nicht einmal meine Funktionsjacke mit aufgestelltem Kraken bestehen. So war es also, dass ich dieses Wochenende krank war und daher erst jetzt über letzten Mittwoch schreiben kann. Zuvor war ich aber mit meinen Kollegen essen weil ich nach drei Tagen endlich wieder die Sonne sehen wollte. 25°C und Sonne pur erwarteten mich an der Oberfläche. Doch keine Freude ist von Dauer und so war es wieder Zeit abzutauchen in meiner Dose und auch Zeit, das Tagebuch fortzuführen.


DMZ Tour auf einer größeren Karte anzeigen

Alles fing in der Woche davor an. Wir hatten den Prospekt für eine DMZ-Tour und wollten für die nächste (also letzte) Woche Vorbestellen. Kein Problem dachten wir und sind zu dem Touristenbüro hin, wo ich das Ding geholt hatte. Dort fragten wir also höflich, whether we can get a reservation for two people. Daraufhin zeigt er wild auf die Telefonnummer und meint, dort können wir einfach anrufen und so weiter. Die sprächen auch Englisch. Ich meinte darauf hin, ob wir das nicht auch bei ihm machen könnten. Sicher ginge das. Pause… OK, two people next saturday please. Er nimmt den Hörer von seinem Telefon und wählt die andere Nummer auf dem Prospekt, spricht ungefähr 4 Minuten mit jemanden und legt dann auf. Sorry but saturday is full. Pause… OK, what about tuesday? Er schaut uns groß an. Augenduell… Er nimmt den Hörer und wählt wieder die Nummer. 4 Minuten quatschen später fragt er uns ob wir bereits eine Reservierung haben. Nein haben wir nicht. Danach fragt er uns nach Namen und Passnummern, Nationalität und was weiß ich. Schließlich will er noch das Hotel wissen, wo wir abgeholt werden wollen. Yonsei Main Gate please. Nein er will das Hotel wissen. Ich krame also die Visitenkarte von meiner Dose raus und ein paar Minuten später meint er: Yonsei Main Gate.

Am Mittwoch wurden wir also um 8 Uhr vom Haupttor abgeholt und los ging es in unserem eigenen kleinen Privatbus. Leider nicht lange, denn wir wurden noch einmal umgeladen und so waren wir dann mit einer größeren Gruppe zusammen. Mit dabei waren ein Oberösterreicher und ein kalifornischer Geschäftsmann. Mit dem neuen Bus ging es dann weiter auf dem Highway One Richtung Norden. Dies ist der Highway, der quasi direkt nach Pjöngjang führt. An der Grenze zur DMZ gabs dann erstmal einige Symbole zu besichtigen, wie zum Beispiel eine alte Lok und eine alte Glocke aus einem Tempel aus der Nähe (beide kaputt). Die DMZ selbst ist weitestgehend frei von Militär, ca. 4km breit und in ihrer Mitte verläuft die Waffenstillstandslinie. Diese Pufferzone wurde eingerichtet, damit sich die Soldaten nicht die ganze Zeit direkt gegenüber stehen. Dies ist auch besser so, wie eine Reihe von Ereignissen in der Vergangenheit gezeigt haben. Ein erster Blick über die Freedombridge in die DMZ war uns vergönnt und dann ging es auch schon weiter.

Die erste Station in der DMZ war die Dorasan-Station (HAHAHA). Die zugehörige Bahnstrecke wurde von Herrn Hyundai finanziert, welcher selbst aus dem Norden stammt. Die Station wurde aber nie benutzt und ist seit ca. 10 Jahren eine Touristenatraktion. Es handelt sich dabei auch um die einzige Station mit Ziel Pjöngjang in Südkorea. Die Strecke wurde bis ca. 15km nach Nordkorea rein gebaut bevor die Nordkoreaner die weitere Zusammenarbeit verweigerten. Man kann sich aber Zettel abstempeln lassen. Ein Paar Tafeln zeigen die geplante Direktverbindung nach Berlin.

Weiter ging es zum Dora-Observatorium. Dies ist eine Aussichtsplattform an der DMZ mit direktem Blick nach Nordkorea. Fotos dürfen nur hinter einer gelben Linie gemacht werden, damit die direkt vor dem Observatorium gelegenen Südkoreanischen Verteidigungsanlagen nicht abgelichtet werden können. Dummerweise haben sie aber dicht an dicht Münzfeldstecher aufgebaut, so dass von der gelben Linie kaum Fotos möglich sind. Wir hatten dennoch Riesen Glück denn das Wetter klarte kurz vorher auf. Dies ist nur an 40 Tagen im Jahr der Fall. Unter anderem ist der höchste Fahnenmast der Welt auf nordkoreanischer Seite zu sehen. Die Fahne wiegt mehrere Tonnen und muss alle drei Monate ausgetauscht werden. Wer jetzt denkt, was für ein Propaganda-Scheiß, der wisse, dass der zweitgrößte Fahnenmast in der Nähe auf südkoreanischer Seite steht und älter ist.

Anschließend waren wir noch im dritten Infiltrationstunnel (ohne Bilder, weil Kameras verboten, vielleicht später noch). Diese Tunnel wurden im Laufe der Zeit von den Nordkoreanern in 100m Tiefe gegraben und sollten der Infiltration und dem Truppentransport dienen. In der Tat wurden bisher vier solcher Tunnel gefunden. Der dritte Tunnel wurde noch vor Vollendung durch einen Überläufer (oder besser entflohenen Zwangsarbeiter) verraten. Man bohrte daraufhin senkrecht in die Tiefe, setzte auf die Löcher 10m hohe hohle Säulen und füllte sie mit Wasser. Durch die Sprengungen wurde das Wasser am oberen Rand verschüttet und so wusste man, wo man nach diesem Tunnel graben musste. Eine neue Bohrung direkt über den Tunnel wurde gemacht und anschließend diese Bohrung mit Wasser gefüllt, welches dann mit einem mal den Tunnel flutete. Zuvor gab man der anderen Seite allerdings eine Warnung. Um zu dem Tunnel zu gelangen klettert man eine steile Rampe hinab (vielleicht 600m). Anschließend kann man rund 1½ Kilometer in den 160-170cm hohen Tunnel steigen, welcher Richtung Nordkorea leicht abfällt, damit das Wasser sich beim Bau nicht anstaut. Dann ereicht man eine Stahltür mit einem Guckloch hinter der sich zwei Räume mit einer weiteren Stahltür und einem Guckloch befinden und dahinter eine 7m Betonwand. Die Sprengspuren an den Wänden deuten deutlich in Richtung Süden. Als Begründung gab Nordkorea an, in einer Kohlemiene falsch abgebogen zu sein. Um dies zu untermauern wurden die Wände teilweise mit schwarzer Farbe angemalt.

Danach gab es Mittagessen. Dieses haben wir dann nur noch mit dem Kalifornier gegessen, da alle anderen nur die halbe Tour gebucht hatten. Für den Rest der Reise galten nämlich Kleiderordnung und für Südkoreaner war sie sowieso Tabu. Der Kalifornier erzählte uns noch ein bisschen über seine Weltreisen in den letzten 10 Wochen (rund 15 Länder in aller Welt) und das er jeden Februar nach Berlin zur Landwirtschaftsmesse zwecks Essen kommt. Das nächste und auch letzte Ziel und überhaupt das Highlight der ganzen Tour war nämlich das Joint Security Area (JSA) in Panmunjeom. Dieses Gebiet dient dem Austausch zwischen Nordkorea und den UN-Truppen, die offiziell die DMZ überwachen. Hier wurde auch zwischen 1951 und 1953 der Waffenstillstand ausgehandelt und unterzeichnet. Ursprünglich wurde das Gebiet von beiden Parteien verwaltet und überwacht bis es 1976 nach dem Axtzwischenfall geteilt wurde. Er ist der einzige Ort in der DMZ der von Zivilpersonal betreten werden darf. Damit wir das Gelände betreten durften wurden wir offiziell von der Uno eingeladen. Daher ist zivilen Südkoreanern nicht gestattet, das JSA zu betreten (und damit auch die DMZ). Die blauen Baracken stehen unter UN-Verwaltung während die braunen unter Nordkoreanischer stehen. Die Baracken in der Mitte können abwechselnd von Nord- und von Südkoreanern betreten werden. Die Dinger in der Mitte des Tisches markieren die Grenze und sind Mikrofone mit denen 24h am Tag alles in der Baracke aufgenommen wird. Hier ist es auch möglich, auf die nordkoreanische Seite rüber zu laufen. In der Tat wäre es uns als Gäste der UN auch erlaubt gewesen im gesamten Gebiet umherzulaufen. Davon ist aber abzuraten. Leider waren hier Kameras mit mehr als 70mm Brennweite verboten und somit gibt es nur Handybilder. Eventuell gibt es später noch Bilder wenn ich noch welche geschickt kriege.

Für männliche Südkoreaner beträgt die Wehrpflichtdauer rund 20 Monate (früher 33). Für Frauen gibt es keine. Im Norden sind es 10 Jahre (früher 13) für die Männer und 7 Jahre (früher 10) für die Frauen. Zu guter Letzt ging es nach Seoul zurück nicht ohne jedoch in Camp Bonfias durch einen Souvenir-Shop zu gehen.

Ich möchte euch auch noch diese leider etwas ältere Arte-Doku empfehlen. Sie enthält unter anderem eine Stelle über eine 5-7m hohe Mauer, welche von den Südkoreanern erbaut wurde, hier aber nie erwähnt wird. Außerdem enthalten ist eine Geschichte über Kraniche und 1001 Kühe. Herr Hyundai hat nämlich als kleiner Bub auf seiner Flucht eine Kuh geklaut und da dies so ziemlich das böseste ist, was man im agraischen Korea machen kann, bezahlte er so seine Schuld zurück.

Noch besser und einfach nur krass abgefahren wegen der Typen die da mitfahren ist diese neuere Doku von 2004 welche Eisenbahnfreaks nach Nordkorea begleitet.

 
3 Kommentare

Eingestellt um 11:05 KST

 
  1. Irene

    Donnerstag, 28. Oktober 2010 at 05:15

    Spannende Geschichte und wie ein flash back

     
  2. Andreas

    Freitag, 29. Oktober 2010 at 15:51

    doku kannte ich noch nicht
    was die eisenbahnverbindung nach berlin angeht, kommt das immer mal wieder hoch. hier ne zusammenfassung mit ner karte unten in den links http://en.wikipedia.org/wiki/Trans-Asian_Railway

     
    • Jo

      Freitag, 29. Oktober 2010 at 16:03

      wobei mir das für den persohnenverkehr etwas utopisch vorkommt. schließlich müsste der zug einigermaßen schnell fahren und somit wird auch die strecke teuer und sehr anfällig auf so lange distanzen. das dies dann noch günstiger sein soll als schiff (für waren) oder konkurenzfähig gegenüber dem flugzeug ist mir da nicht klar.